Pitch is a Bitch.
Manchmal gewinnt man, aber meistens verliert man. Das soll nicht zynisch klingen, ist aber leider die Realität. Auch uns lässt die derzeitige Debatte über die Pitchkultur in Deutschland nicht los. Welche Agentur kennt es nicht: Ausschreibungen haben einerseits zugenommen und werden andererseits oftmals intransparent, ohne Budgetangabe, mit komplexen, umfangreichen Anforderungen, aber keinem oder nur sehr geringem Pitch-Honorar veröffentlicht. Die Entscheidung wird dann oft in erster Linie nach dem Kriterium Preis getroffen – das macht im kreativen Bereich aber kaum Sinn.
Die Herausforderung beginnt meistens bereits beim Briefing: Diese sind teilweise so unvollständig oder schwammig formuliert, dass erst nach Beantwortung von mehreren Rückfragen durch den/die Auftraggeber*in die Aufgabenstellung wirklich klar ist. Nicht selten stellt man dann erst beim Besprechen mit den Verantwortlichen fest, dass eigentlich eine ganz andere Aufgabe erfüllt werden soll. Dass hier die Arbeit bereits los geht, weil die Abstimmung allein meist sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, wird häufig vergessen.
Die nächste Hürde: ein klar formuliertes Angebot, das realistisch, kostensparend und wirtschaftlich ist – für beide Seiten. Wenn das Motto dann jedoch lautet „das wirtschaftlichste Angebot gewinnt“, dann hat man hier bereits verloren. Und meist sind die Projektanforderungen dann auch so umfangreich, dass man nur für das Angebot bereits mehrere Stunden oder eher Tage investieren muss.
Und eine Budgetangabe für das Projekt? Fehlanzeige! Selten wird in Bezug auf das Budget mit offenen Karten gespielt. Der Grund dafür ist die Annahme, dass dieses in jedem Fall ausgereizt oder überschritten wird. Dabei wird außer Acht gelassen, dass man bestimmte Medienmaßnahmen nur bei entsprechendem Budget einplanen kann. Ob man eine Kampagne für 5.000 EUR oder doch 50.000 konzipiert, macht daher einen riesigen Unterschied. Der Maßnahmenplan passt dann häufig zur Aufgabenstellung, aber nicht unbedingt zu den Budgetvorstellungen des/der Auftraggeber*in und andersrum.
Die Agenturen wissen dies alles, die Auftraggeber*innen oftmals nicht. So viel Vertrauen sollte aus unserer Sicht jedoch bestehen. Wir Agenturen wollen natürlich an unserer geleisteten Arbeit verdienen, aber wir wollen niemanden über den Tisch ziehen. Denn letztendlich geht es nie um Einmalaufträge, sondern um langfristige Kundenbeziehungen und Folgeaufträge. Würde eine Agentur immer nur horrende und intransparente Preise verlangen, würde sie nicht lange am Markt bestehen. Aber auch der umgekehrte Fall kann nicht funktionieren.
Das wirkliche Problem für die Agenturen entsteht aber dann, wenn all diese Hürden überbrückt, die Aufgabenstellung erarbeitet, der Pitch eingereicht ist und eine andere Agentur gewinnt. Denn Pitch-Honorare gibt es teilweise gar nicht oder sind weniger als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein (z. B. 1.000 EUR als Vergütung des Zweit- oder Drittplatzierten). Dabei steigt der Pitch-Aufwand in den letzten Jahren stetig (in 10 Jahren hat er sich fast verdoppelt), während das Pitch-Honorar stagniert, wie eine Umfrage von cherrypicker unter 588 Agenturen aus dem Jahr 2021 zeigt. Der Umfrage zufolge gilt grundsätzlich: „Je komplexer der Pitch, desto größer ist die Diskrepanz zwischen der Aufwandsentschädigung und dem tatsächlichen Aufwand“ (cherrypicker, 2021). Dem Aufwand entsprechend empfiehlt cherrypicker Pitch-Honorare zwischen 4.000-6.000 EUR für einfache Konzepte und Entwürfe (ca. 3-4 Wochen) bis hin zu 20.000-30.000 EUR für sehr komplexe internationale Themen und umfassende integrierte/internationale kommunikationsstrategische Vorarbeiten und Entwürfe (12-16 Wochen). Darüber, wie hoch der Aufwand für Agenturen je nach Aufgabenstellung ist, sind sich die meisten Auftraggeber*innen vermutlich nicht bewusst. Für Agenturen gilt daher die Faustregel: Maximal 5-7,5 % des Income sollten sie in einen Pitch investieren. Das widerspricht jedoch leider der Realität, denn der Umfrage zufolge deckt die Aufwandsentschädigung meist nicht mal 15 % des tatsächlichen Aufwands.
Es zeigt sich, dass die Forderungen der Agenturen nach einer faireren Pitch-Kultur also durchaus berechtigt und vor allem nötig sind, um dauerhaft am Markt bestehen zu können. Gleichzeitig ist die Konsequenz, Ausschreibungen mehr und mehr abzulehnen. Wenn Auftraggeber*innen nicht anerkennen, dass Qualität ihren Preis hat, kann es kein gutes Ende nehmen. Dann werden Agenturen dazu übergehen, immer einen niedrigen Preis anzubieten und nur die notwendigsten (aber nicht unbedingt empfehlenswerten) Leistungen zu inkludieren. Wenn der Kunde sich dann für dieses Angebot entschieden hat, wird ihm auffallen, dass bestimmte Leistungen noch erforderlich oder wünschenswert sind. Und dann folgt die Nachkalkulation.
Solch eine Kultur der Intransparenz und des Verschleierns kann von Kunden nicht gewollt sein und auch wir als Dienstleister lehnen dies grundlegend ab. Uns geht es um eine vertrauensvolle, langfristige und ehrliche Kundenbeziehung, welche das Agieren auf Augenhöhe verlangt und gegenseitige Wertschätzung in sich trägt. Nur so können wir zugleich Kompetenz wie auch Qualität unseren Kunden gegenüber aufrechterhalten.
Wer nun ein paar realistische und praktische Hilfestellungen für Kunden und Agenturen benötigt, wie Pitchen heutzutage besser und fairer funktionieren kann, der sollte sich die Umfrage von cherrypicker unbedingt nochmal selbst zu Gemüte führen. Hier geht’s zum Link: https://info.cherrypicker.de/besser-pitchen-2021